Rede von START-Vorarlberg Stipendiatin Leen anlässlich der Begrüßungsfeier von START-Vorarlberg am 30.11.2023
Hallo liebe Gäste, liebe START-Familie,
ich bin Leen, bin 17 Jahr alt und gehe in den 3-Jahrgang der HTL-Dornbirn, genauer gesagt in den Chemieingenieur Zweig.
Ich bin in Syrien geboren, in der Nähe der Hauptstadt Damaskus. Meine Familie besteht aus meinen Eltern und 4 Kinder. Ich habe die ersten Jahre meines Lebens in Syrien verbracht, bis ich mit 9 Jahre nach Österreich geflohen bin.
Das Umziehen nach Österreich war ein großes „before and after“, da sich mein Leben um 180° gedreht hat. Es war eine komplett neue Umgebung, ich musste zu einer neuen Schule mit einer neuen Sprache gehen. Freunde hatte ich zuerst keine, doch mit dem Besuchen der Schule hat sich dies verbessert. In den ersten Schultagen lernte ich schon meine ersten Freunde*innen kennen, trotz des nicht beherrschen der deutschen Sprache.
Mit der Zeit lernte ich in der Schule die Sprache und ich muss sagen: Die Schule hat das super gemacht. Durch intensive, tägliche Deutsch-Kurse konnte ich schon im zweiten Schuljahr ganz normal am Unterricht teilnehmen, ohne große Hürden hinsichtlich der Sprache erleben zu müssen.
Nach der Volksschule kam der Zweite schulische Abschnitt, die Mittelschule und wieder habe ich jeden Tag und jede Stunde etwas Neues gelernt.
Im letzten Jahr der Mittelschule kam plötzlich die Frage: „Was will ich nach dem Abschluss dieser Schule machen?“. Ich hatte nicht viel Ahnung und wegen Corona und den Absagen der Schnuppertagen fiel diese Frage noch schwieriger. Doch eine Sache war mir klar: Ich will mir mehr Wissen aneignen und somit eine Schule besuchen.
Eines Tages kam meine Mutter in meinem Zimmer und hat mir folgendes gesagt: „Es gibt so eine Schule und die heißt HTL für Chemie. Ich glaube so was wird dir gefallen. Schau mal, was es da gibt.“ Und tatsächlich habe ich das gemacht. Nach ganz viel Erkundigen und Nachfragen und die ganzen online-Tage der offenen Türe, habe mich schlussendlich für diese Schule entschieden.
Die HTL-Dornbirn war nicht das einzige, für das ich mich angemeldet habe, sondern habe ich mich auch beim START-Stipendium beworben und wurde auch in dieser Familie willkommen geheißen.
Jetzt kommen wir zum Hauptthema dieser Rede. In den letzten Sommerferien musste ich ein Teil meiner Pflichtpraktikum für die Schule erledigen. Ich habe mich bei mehreren Firmen beworben, doch ich habe schlussendlich bei Alpla und in einer Apotheke in Dornbirn gearbeitet. Es lief in der Apotheke alles bestens. Ich habe sehr viele neue Sachen gelernt, egal, ob von der Chemie oder von der Arbeitswelt. Bis die Chefin eines Tages zu mir gekommen ist und mich fragte, ob ich auch neben der Schule gerne bei ihr arbeiten würde, weil ich das wirklich sehr gut gelernt habe und es super umsetze. Das hat mich wirklich schockiert. Ich habe dieses Angebot angenommen. Und ab diesem Moment wurde mir eine Sache klar: Ich mag diese Arbeit.
Ich habe mir immer gedacht, dass es als Mädchen mit Kopftuch und Migrationshintergrund sehr schwierig sein würde einen Job zukriegen. Doch ich bin glücklich, dass diese Gedanken von mir falsch lagen, sicher gibt es Berufe in dem das Kopftuch noch ein Problem ist, aber ich bin glücklich, dass ich von Menschen umgeben bin, die mich als Leen Alamir vor meinem Kopftuch sehen.
Ich habe von vielen Frauen gehört, dass sie öfters von dem Arbeitgeber abgelehnt wurden, nur weil sie ein Kopftuch tragen. Ich finde das echt schade und unbegründet.
Ich möchte betonen, dass meine Absicht keineswegs darin besteht, jemanden zu kritisieren oder Vorurteile anzuprangern. Vielmehr möchte ich gemeinsam mit Ihnen die Bedeutung von Toleranz und Akzeptanz hervorheben. In unserer vielfältigen Gesellschaft sollten wir uns bemühen, Unterschiede zu respektieren und eine Umgebung zu schaffen, in der jeder die Freiheit hat, seine kulturelle Identität in Einklang mit seinen beruflichen Ambitionen zu leben.
Leen