Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

Rassismus war nicht nur in der Vergangenheit ein Thema. Er existiert heute noch, hier und jetzt und wir alle sind davon betroffen, ob wir es direkt spüren oder als stille Zeugen. Rassismus ist nicht immer laut und offensichtlich; oft versteckt er sich in kleinen, alltäglichen Begegnungen, die für die einen unbedeutend erscheinen mögen, für andere doch sehr verletzend.

„Kann ich deine Haare angreifen?“, Ein Satz, den ich viel zu oft höre. Bevor ich antworten kann, greifen sie in meine Haare. Die ersten paar Male habe ich es ignoriert, doch mit der Zeit fühlt es sich immer unangenehmer an. Meine Haare sind entweder „bewundernswert exotisch“ oder „zu fremd“.

„Du kannst aber gut Deutsch!“, Ein Satz, der auf den ersten Blick harmlos wirkt. Doch was er wirklich sagt, ist: Du siehst nicht so aus, als ob du hierhergehörst. Sie fragen auch nicht, seit wann man tatsächlich in Österreich lebt oder ob man vielleicht sogar hier geboren ist. Es wird aber angenommen, dass man nicht von hier kommen kann, wegen des Aussehens.

„Wirst du dazu gezwungen, ein Kopftuch zu tragen?“ Sie sehen das Kopftuch und glauben sofort, dass man so etwas nie von allein aus machen würde, statt zu verstehen, dass es für viele Frauen ein Ausdruck von Stolz und Glauben ist. Für sie ist es nichts als ein Symbol der Unterdrückung – ein Vorurteil.

Diese Menschen merken oft nicht, wie verletzend ihre Worte sein können. Sie wissen nicht, wie es sich anfühlt, immer „der oder die Andere“ zu sein. Ausgeschlossen zu sein. Dieses ständige Gefühl hat auch mich dazu gebracht, Teile meiner Identität zu verstecken.
Ich habe meine Haare chemisch geglättet, um „normaler“ zu wirken. Ich habe vermieden, arabisches Essen zu kochen, wenn Freunde aus der Schule zu Besuch waren. Ich habe geschaut, dass ich im Unterricht nicht viel sage, damit man nicht mein Akzent heraushört. Ich habe mich geschämt, wenn meine Mutter mit ihrem starken Akzent Deutsch gesprochen hat. Es war mir das alles peinlich. Und jetzt? Jetzt bereue ich es.

Ich habe große Teile meiner Identität verdeckt – und wofür? Habe ich mich dadurch mehr zugehörig gefühlt? Nicht wirklich. Stattdessen fühle ich mich heute genauso ausgeschlossen, wenn nicht sogar mehr. Besonders in einer Zeit, in der der Großteil der wahlberechtigten Bevölkerung, Menschen wie mich hier nicht haben will. Was mache ich, wenn ich nach sechs Jahren wirklich zurückmuss? Zurück in ein Land, das mich sowieso dann als eine „Ausländerin“ ansieht. Dann aber zu „österreichisch“.

Aber Rassismus ist mehr als nur verletzende Worte oder Blicke. Er beeinflusst auch unsere Chancen, unsere Rechte, unsere Zukunft. In der Schule ist man nicht einfach nur ein Schüler, sondern der Schüler mit Migrationshintergrund. Wenn ein Problem aufkam, schaut der Lehrer den „Ausländer“ an, nicht Lukas. Wir sind schuld. Man versucht sich zu verteidigen, die Stimme kommt aber nicht raus, weil man sich fragt: Wer würde mich überhaupt ernstnehmen?

Diese Vorurteile beeinflussen auch, wie junge Menschen wie wir, uns selbst wahrnehmen. Wenn uns immer wieder gesagt wird, dass wir nicht gut genug sind, beginnen wir, das zu glauben. Wir verlieren die Motivation, unsere Noten sinken und am Ende erfüllen wir das Stereotyp des „Problem-Schülers“. Doch wäre es anders, wenn man uns als gleich angesehen hätte?

Wenn die Menschen über uns glauben, dass wir Migrantinnen nichts Besseres als einen Mindestlohn-Job bekommen können, dann beginnt man, das selbst zu glauben. Es wird ein Teil der Realität. Doch hier bei START ist es anders. Hier bekommen wir eine Stimme. Hier werden wir unterstützt, nicht nur finanziell, sondern auch emotional. Es gibt Menschen, die an uns glauben.
Und dafür möchte ich mich bedanken. Denn Menschen wie ich brauchen diese Unterstützung, um unser volles Potenzial zu erfüllen.

Danke.

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