Fast ein Drittel der Wiener_innen im wahlfähigen Alter ist nicht wahlberechtigt. Das trifft auch auf Stipendiat_innen von START Wien und deren Familien häufig zu. Auf Grund ihrer Staatsbürgerschaften haben sie in Österreich oft noch kein Wahlrecht. Trotzdem suchen sie Möglichkeiten zur politischen Teilhabe und wollen sich engagieren. Wie und wo das möglich ist, dazu befragten SchülerInnen und Absolvent_innen von START Wien Bildungs- und Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorsky.
„Mein politisches Engagement hat in der Schule begonnen“, erzählt Stadtrat Czernohorsky, „erst als Klassensprecher, dann als Schulsprecher.“ Politik geschieht nicht nur im Parlament, sondern ist jederzeit im eigenen nahen Umfeld möglich. Individuelle politische Teilhabe und Engagement können im Kleinen beginnen: Damit dass man sein Umfeld beobachtet und sich mögliche Verbesserungen und Veränderungen überlegt. Man setzt erste Schritte und gewinnt Unterstützer. Ein Weg, den auch viele der START-Stipendiat_innen jetzt bereits gehen. Sie engagieren sich als Klassen- oder Schulsprecher_innen oder in einer der zahlreichen NGOs, die in Wien aktiv sind. Sie interessieren sich dafür, wie diese verschiedenen Formen des politischen Engagements von der “offiziellen” Stadtpolitik unterstütz werden. „Wie sorgen Sie als Stadtrat dafür, dass alle, die in dieser Stadt leben, auch die Möglichkeit der politischen Partizipation haben müssen – unabhängig von Alter und nationaler Herkunft?“, will Marzia wissen. „Unabhängig vom Wahlrecht gibt es verschiedenen Möglichkeiten der Mitbestimmung“, so Czernohorsky, „in den Bezirksjugendparlamenten beispielsweise kann bei Entscheidungen mitgewirkt werden, welche die unmittelbare Lebenswelt der Jugendlichen betreffen. Im Schüler_innenparlament werden Themen und Anliegen der SchülerInnen besprochen.“ Direkte Beteiligung und den Dialog für alle Wiener_innen ermöglicht auch die „Sag’s Wien“-App, mit der die Stadtbewohner_innen ihre Anliegen via Smartphone äußern können. Dass dieser Weg noch ausbaufähig ist und auch angesichts der demokratiepolitisch bedenklichen Zahl an Nicht-Wahlberechtigten besonders in Wien weiterhin beschritten werden sollte, bestätigt der Stadtrat im Gespräch. Wichtig dabei ist, dass die Jugendlichen bzw. Bürger_innen Politiker_innen zeigen, dass dieses Interesse da ist, sie sich organisieren und für mehr Beteiligung aussprechen. Ein weiterer Punkt, den wir diskutierten, war das Schulfach Politische Bildung. Kann man politisches Engagement auch lehren und lernen? „Wieso wird dem Fach Religion so viel Platz im Schulunterricht eingeräumt, der politischen Bildung aber nicht?“, fragt Ahsan. „Im Idealfall soll Politische Bildung fächerübergreifend in allen Schulen erfolgen“, wünscht sich auch Stadtrat Czernohorsky mehr Gewicht für diesen Bildungsbereich. Denn Information über politische Prozesse und Agenden ist der Grundstein für politisches Engagement. Ein Grund, warum wir Veranstaltungen wie diese organisieren und unsere Stipendiat_innen sie gerne besuchen: “Die Diskussionen waren spannend. Politik interessiert mich sehr und ich mag immer mehr Information wissen. Es wäre schön wenn wir immer solche Sachen machen!” resümiert Ali. Rimal ergänzt: “Die Diskussion mit dem Stadtrat Czernohorsky hat mir sehr gut gefallen. Das war eine tolle Erfahrung über die Bildung und die Integration gemeinsam zu besprechen.” |