Als Vorbereitung auf die jährliche START-Österreich Exkursion zum Thema „politische Bildung“ begaben sich die Salzburger Stipendiatinnen und Stipendiaten am 04.03.2016 auf eine Spurensuche in die Salzburger Altstadt. Begleitet von Mag. Alexander Prenniniger, Historiker am Ludwig Bolzmann-Institut für historische Sozialwissenschaft, betrachteten sie die Stadt Salzburg aus einer anderen, oft wenig beachteten Perspektive. Themen wie öffentliches Gedenken, kollektive Erinnerung und individuelles Vergessen standen bei dieser Stadtführung im Vordergrund.
Welche Spuren hat die Zeit des Nationalsozialismus in der Mozartstadt hinterlassen und was davon ist heute noch sichtbar? Wo waren Verwaltungsbehörden, Kommandozentralen und KZ-Außenlager untergebracht? Welche Gedenkstätten gibt es und für wen? Welche fehlen noch immer? Dazu mussten sich die Stipendiatinnen nicht erst abseits touristischer Trampelpfade bewegen. Vor der barocken Kulisse der Stadt mit ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten fanden Zwangsarbeit, Enteignung, Verschleppung, Ermordung, Zerstörung jüdischer Kultstätten, einzige Bücherverbrennung Österreichs und die Verherrlichung des Terrorregimes statt.
Stipendiatin Stefanie schildert ihre Eindrücke:
„Auch wenn das Wetter am 04.03. 2016 nicht auf unserer Seite war, starteten wir mit voller Motivation vom START-Büro aus Richtung Altstadt. Unsere erste Station war nicht allzu weit vom START-Büro entfernt: die Dreifaltigkeitskirche. Jeder von uns hatte die Kirche mehrmals passiert und keinem war etwas Besonderes an der Kirchenmauer aufgefallen, bis wir auf eine Gedenktafel hingewiesen wurden. Auch der Platz vor der Dreifaltigkeitskirche erzählt eine lange Geschichte. Zwei Mal wurde er in sehr kurzem Zeitabstand umbenannt. Zur linken Seite des Platzes, über einer Eingangstür, ist ein Relief zu sehen, das für Historiker ein sehr wertvolles Prachtstück ist.
Nach diesen Stationen gingen wir Richtung Linzergasse. Dort betrachteten wir die Stolpersteine vor einem Haus und Alexander Prenninger erzählte uns die Lebensgeschichten zweier Familien, die während des Nationalsozialismus in der Linzergasse lebten. Anschließend gingen wir zur Staatsbrücke. Wir überquerten die Brücke nicht sofort, sondern hielten dort kurz an und erfuhren wie und von wem die Brücke gebaut wurde.
Unsere nächste Station war in der Getreidegasse. Dort reisten wir kurz in die Vergangenheit zurück und erfuhren über die Eigentümer vieler bekannter Geschäfte, während des Nationalsozialismus. Die letzten zwei Stationen unserer zweistündigen Exkursion quer durch die Altstadt waren der Festspielplatz und ein nicht allzu großes Plätzchen am Residenzplatz.
Was haben aber diese Stationen außer, dass sie im Zentrum von Salzburg liegen, gemeinsam? Warum wurden genau diese Stellen ausgesucht. An allen besuchten Orten hat der Nationalsozialismus sein eine Geschichte hinterlassen – sie erzählen von Hinrichtungen von Oppositionellen, Gefangenschaft und Zwangsarbeit, von Vertreibung, Flucht und Migration oder von den Organisationsstrukturen des Nationalsozialismus in Salzburg.
Manchen Opfern wurden an den genannten Plätzen Denkmäler errichtet, an denen wir tagtäglich vorbeigehen, ohne wirklich einen Blick darauf zu werfen. Ohne uns die Mühe zu machen diesen Denkmälern unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Wir lernen alle in der Schule über den Nationalsozialismus im Allgemeinen, aber vergessen oder realisieren nicht einmal, dass viele Ereignisse direkt vor unseren Haustüren/Nasen stattgefunden haben.“
Weitere START-StipendiatInnen Stimmen zur Spurensuche:
Betül: Ich fand es sehr interessant, denn ich habe viel über diese Denkmäler und die Lebensgeschichten vieler Personen, darunter auch von Berühmten Menschen wie Marx-Reinhardt, der Errichter und Eigentümer des großen Festspielhauses war, erfahren.
Paula: Ich fand den Stadtspaziergang sehr informativ und werde in Zukunft „mit offeneren Augen“ durch die Stadt gehen, da ich gemerkt habe, dass mir viele Denkmäler nie zuvor aufgefallen sind.
Sascha: Wir haben viel über die Geschichte vom Nationalsozialismus in Salzburg gelernt und haben unbekannte Denkmäler in der Stadt entdeckt, bei welchen wir vorher nur vorbeigelaufen sind.
START-Salzburg bedankt sich bei Mag. Alexander Prenninger für den ausführlichen und informativen Stadtrundgang.